Samstag, 31. August 2013

Otis Spann

Otis Spann



Otis Spann (* 21. März 1930 in Jackson, Mississippi; † 24. April 1970 in Chicago, Illinois) war ein US-amerikanischer Blues-Pianist und -Sänger.




Otis Spann - Blues Don't Like Nobody

Ebony and Ivory Blues [Doppel-CD]  Otis Spann Audio CD 

 http://www.amazon.de/Ebony-Ivory-Blues-Spann-Otis/dp/B007HTPX2M/ref=sr_1_1?s=music&ie=UTF8&qid=1376405788&sr=1-1&keywords=otis+spann



The Sideman

Otis Spanns mitreißender Klavierstil ist aus dem Chicago Blues der 50er Jahre nicht wegzudenken. Er begleitete Bluesgrößen wie Muddy Waters, Howlin' Wolf, Buddy Guy, Little Walter, Bo Diddley und Sonny Boy Williamson ll bei unzähligen Sessions. Außerdem wirkte er 15 Jahre lang in der Muddy Waters'-Band mit. Seine vielversprechende Solo-Karriere endete 1970 nach nur zweijähriger Dauer, als er an Krebs starb.

In seinen Eigenschaften als Bandleader und -mitglied hat Otis Spann einen beispiellosen Beitrag zum Chicago Piano-Blues geliefert. Seine Musik gehörte zu einer Sparte des Blues, die sich seit den
90er Jahren des vorigen Jahrhunderts kon- tinuierlich entwickelt hatte. Denn der Piano-Blues hatte seine Wurzeln in einer anderen Tradition als in der, die Gitarristen und Banjospieler inspirierte.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war das Klavier von den exakten Synkopen des Ragtime bestimmt. Die meisten “Ragtimer” - angeführt von Scott Joplin - waren ausgebildete Musiker. Aber viele der nachfolgenden Pianisten, die sich von Joplin inspirieren ließen, hatten keinerlei syste-matische musikalische Ausbildung durchlaufen. Sie kreierten einen Stil, der die strengen Gesetze des Ragtime sprengte und Raum für Inspiration zuließ.

KEIN VORNEHMES MILLIEU

Diese Musiker hatten nie eine Konzerthalle von innen gesehen. Sie spielten vielmehr in Etablisse-ments, die nicht gerade der geistigen Erbauung dienten: Es gibt Hinweise darauf, daß der Piano Blues in den Work-Camps von Louisiana und Texas seinen Ursprung hatte. Ein rauhes Milieu erforderte eine Art der Unterhaltung, die auch nicht gerade zart besaitet war. Der Boogie-Woogie erfüllte diese Bedingungen. Die flotte Musik, bei der der Pianist mit der linken Hand rhythmi-
sche Achtelwerte spielt und mit der rechten im Oktavbereich improvisiert, kam auch bei einem schwer zu bändigenden Publikum gut an. Ein ganzer Wanderzirkus von Pianisten zog durch die Lager der Holz- und Baumwollarbeiter, durch Bordelle, Bars, Barrelhouses und Vaudeville-Theater. Verschiedene Moden und Vorlieben entstanden, und jede Stadt hatte ihre eigenen Lokalgrößen, die für ihren individuellen Stil oder ihre Melodien berühmt waren. Später, in den 30er Jahren, kamen Klavier-und-Gitarre-Duos auf. Bekannte Vertreter dieser Spielweise waren z.B. Tampa Red und Georgia Tom (Thomas Dorsey). Als Dorsey aus dem Bluesgeschäft ausstieg, arbeitete Tampa Red unter anderen mit Black Bob und Blind John Davis zusammen. Im Sommer 1941 tat er sich mit einem neuen Partner zusammen, Big Maceo Merriweather, der in Georgia geboren war, jedoch in
Detroit wohnte. Im Oktober 1945 spielte Maceo “Chicago Breakdown” ein - einen Titel, der seine
außergewöhnliche Power und seinen Erfindungsreichtum demonstrierte. Ein Schlaganfall beendete seine Karriere, aber er gab sein Können an zwei begeisterte Schüler weiter. Der erste war Little Johnny Jones, der 1949 Mitglied von Tampa Reds Band wurde und dann eine andauernde Platten-
Partnerschaft mit Elmore Jones einging. Der zweite Schüler war Otis Spann, der später den typischen Chicago Piano-B1ues-Stil verkörpern sollte.
Otis Spann - Good Morning Mr. Blues

ELTERNZWIST

Otis wurde am 21. März 1930 in Belzoni, Mississippi, als Sohn von Frank Spann und Josephine Erby geboren. Seine Mutter hatte einst mit Memphis Minnie gesungen, war aber später zur frommen Christin avanciert und billigte die Bluesmusik nicht mehr. Sein Vater war weitaus toleranter in dieser Hinsicht, und es amüsierte ihn, welch ungeheure Faszination das Blues-Piano-Spiel von Friday Ford (einer lokalen Bluesgöße) auf Otis ausübte. "Friday Ford war ein toller Mensch und ein großartiger Klavierspieler”, so Otis im Gespräch mit Paul Oliver. Und weiter sagte
er: “Ich halte ihn sogar für ein Genie. Er brachte mir alles übers Klavierspielen bei - bis kurz vor seinem Tod war ich sein Schüler. Er nahm mich immer auf den Schoß und sagte: 'Hier (am Klavier) sitzt du nur, weil du spielen lernen sollst." Aber ich konnte noch nicht spielen, weil ich einfach zu klein war und meine Finger noch nicht lang genug waren, um in die Tasten zu hauen. Und später, als es mit dem Spielen ging. da war er schon tot. Aber ich hab` nichts von dem vergessen, was er
mir gezeigt hatte Ich hatte es im Kopf. Und so fing ich an zu spielen. Hab`s alles ihm zu verdanken." Der Vater kaufte Otis ein Klavier, und innerhalb von 24 Stunden wurde seiner Mutter klar, was er darauf trommelte – den Blues. Frank Spann konnte sie beruhigen - wohl dadurch, indem er sie davon überzeugte, daß das Talent des Filius auch in den Dienst der Kirche gestellt werden könnte. Otis schaffte es im Alter von nur acht Jahren einen Wettbewerb im Alamo Theater in Jackson, Mississippi zu gewinnen, und zwar mit Bessie Smiths “Backwater Blues”.

WEEKEND BLUESMAN

Sobald er besser spielen konnte, verbrachte Otis seine Wochenenden in Belzonis Juke Joints und anderen Kneipen. Außerdem fuhr er regelmäßig nach Jackson, um dort Gastspiel-Künstler im Alamo-Theater zu begleiten. Außerdem spielte er mit seinem Vetter Johnnie Jones in den Clubs der Stadt. Als Otis' Mutter 1947 starb, schickte ihn der Vater zu Verwandten nach Chicago. Dort arbeitete er tagsüber als Maurer und trieb sich abends auf Partys und in Bars herum - eine gute Gelegenheit, den Blues in seiner ganzen Fülle aufzunehmen. Beim Einstieg in die Szene half ihm kein Geringerer als Muddy Waters. Jahrelang gaben sich die beiden gegenseitig als Halbbrüder aus, bis Muddy bei Jim O”Neal beichtete: “Otis Spann, der war mein Stab und meine Stütze. Wir standen uns zwar so nahe wie Brüder, waren aber keine." Otis sammelte in der Chicagoer Tick
Tock Lounge erste Erfahrungen als Bandleader. Die “Band” bestand aus ihm, dem Mundharmonika-spieler Forrest City Joe und dem Schlagzeuger Francis Clay. Muddy Waters hatte seit 1947 in regelmäßigen Abständen für Aristocrat und Chess Platten eingespielt und dabei sowohl mit Sunnyland Slim als auch mit Johnnie Jones zusammengearbeitet. Zuerst war Plattenproduzent Leonard Chess nicht begeistert von der Idee, Muddys Band mit ins Studio zu lassen, aber als
deren Zusammenspiel und Sound immer dynamischer wurden, gab er schließlich nach. Und so kam es, daß zuerst Little Walter und dann Jimmy Rogers und Schlagzeuger Elgin Evans regelmäßig bei Sessions mit dabei waren. Aber trotz dieses erstklassigen Line-ups fehlte Muddys Meinung nach
etwas Entscheidendes in der Besetzung.“ lch war davon überzeugt, daß das Klavier schon immer ein Blues-Instrument war und auch in meiner Musik seinen Platz hatte", sagte er. “Mit einem Klavier kriegt man ganz einfach einen weitaus volleren Background-Sound.“
Er hatte sich zu dem Zeitpunkt seinen Pianisten natürlich schon ausgesucht, und am 24. September 1953 hatte Otis bei einer Session Gelegenheit, ein Solo zu spielen. Das Ergebnis waren die beiden umwerfenden Titel “Blow Wind Blow” und “Mad Love“ (auch als “I Want You to Love Me”
bekannt). Zum Zeitpunkt der Session war Otis bereits zwei Jahre lang Mitglied der Muddy Waters Band gewesen und hatte dabei einen Klavierstil entwickelt, der die Gitarren ergänzte, statt sie zu bekämpfen. Diesen Stil hatte er vom großen Meister Muddy Waters selbst gelernt.


Otis Spann - Must Have Been The Devil

MENTOR MUDDY

“Mich haben viele Leute gefragt, wieso der Otis den Blues so gut spielen kann", berichtete Muddy Waters. “Sie wußten halt nicht, daß er mich besuchen kam. Er parkte vor meinem Haus mit *ner Flasche Whiskey, und ich setzte mich zu ihm und erklärte ihm genau, was er auf dem Klavier machen sollte, während ich den Blues sang." Es traf sich, daß Otis Spann auf Muddy Waters Platten erschien, als dieser seine größten Erfolge erzielte. Auf “Mad Love” folgten “I'm Your Hoochie Coochie Man", “Just Make Love to Me”, “l'm Ready” und “Mannish Boy". Otis war auch bei Bo Diddleys Debut-Single “l'm a Man”, bei Howlin” Wolfs “Rocking Daddy”, bei Jimmy Rogers “Walking By Myself“, Little Walters “Got to Find My Baby” und Chuck Berrys “You Can't Catch
Me” mit von der Partie. Und als Sonny Boy Williamson II im August 1955 bei Checker unter Vertrag ging, wurde Otis bei seinen Sessions genauso unentbehrlich wie bei Muddy Waters'.
Inzwischen hatte er (im Oktober 1954) eine eigene Platte herausgegeben. Die Tonqualität war jedoch nicht berauschend, und niemand scheint genau zu wissen, wer die Session-Musiker waren. Die heutigen Blues-Experten tippen auf folgendes Line-up: Henry Current (Mundharmonika), Jody Williams und B.B. King (Gitarren), Willie Dixon und Fred Below (Baß). Das Ergebnis einer Spann-Session im Juli 1956 wurde erst in den 80er Jahren entdeckt: “I'm Leaving You” und “I`m in Love With You Baby” sind mitreißende, rockende Blues-Nummern. Die Interpreten Walter Horton und Robert Lockwood wirkten dabei ebenfalls mit. Im Oktober 1958 begleitete Otis Muddy Waters auf eine Tournee durch Großbritannien (mit Chris Barbers Jazzband). Für das britische Publikum, das an den eher vom Folk beeinflußten Stil eines Big Bill Broonzy, Brownie McGhee und Sonny Terry gewöhnt war, stellte der harsche Sound von Muddys verstärkter Slide Guitar einen ziemlichen Schock dar. Sie taten sich etwas schwer, ihn als “The World's Greatest Living Blues Singer” (wie das Programm ihn bezeichnete) anzuerkennen. “Am nächsten Morgen standen die Schlagzeilen “Kreischende Gitarre und jaulendes Klavier” in der Zeitung", erinnerte sich Muddy Waters.

NEU IN NEWPORT

Zwei Jahre später, am 3. .Juli 1958, bildeten Muddy und seine Band den Höhepunkt des
“Bluesnachmittags” beim Jazz Festival in Newport. Als Muddys Auftritt beendet war,
demonstrierte Otis mit der Band anhand von vier Melodien verschiedene Blues-Piano-Stile. Seine bewegende Darbietung wurde in das Live-Album Muddy Waters at Newport aufgenommen. Sein hervorragendes Spiel an jenem Bluesnachmittag in Newport führte einen Monat später zu einer Aufnahme-Session, deren Material auf der CD mit dieser Ausgabe zu finden ist. Das Originalalbum, Otis Spann Is the Blues, wurde am 23. August 1960 in New York eingespielt und 1961 veröffentlicht. Otis spielte nicht nur eine Rekordzahl von eigenen Titeln ein (20), sondern begleitete
auch noch den Gitarristen Robert Lockwood auf vier und den Veteranen der Blueskomponisten, St. Louis Jimmy, auf sieben Tracks. Er wußte die Gelegenheit zu nutzen, ,seine Talente als Pianist und Bluessänger ein für alle mal unter Beweis zu stellen. “Mit Otis im Aufnahmestudio zu arbeiten, war ein Kinderspiel", teilte der Plattenproduzent Nat Hentoff dem Journalisten Mark Humphreys mit. “Er wußte einfach genau, was er wollte. In der Zeit, die wir zur Verfügung hatten, hätten wir genauso gut vier Alben einspielen können statt nur zwei, denn nach nur einem Take war die Auf-nahme im Kasten. Wenn's länger dauerte, dann lag es am Toningenieur und nicht an Otis.” Ein zweites Album mit dem Titel Walkiıı' the Blues sollte 1962 herauskommen, aber das Label (Candid) machte pleite, und das Album erschien erst 10 Jahre später. Spann behauptete immer, daß er mit sei-
ner Rolle als Sideman zufrieden war, machte aber in den 60er Jahren auch Solo-Alben. 1963 z.B. spielte er im Rahmen der Europa-Tournee mit dem American Folk Blues Festival in Copenhagen The Blues of Otis Spann für Decca ein. Muddy Waters – auf dem Cover als “Brother” bezeichnet -lieferte den Gitarrenbeitrag. Weitere Album-Sessions folgten; außerdem wirkte Otis weiterhin bei Sessions von Muddy Waters, Buddy Guy, Luther Johnson, Johnny Shines, George Smith, Big Ma-
ma Thornton und Johnny Young mit.

 T.B. Blues

Frisch Motiviert

Ende der 60er Jahre ging Otis eine zweite Ehe ein. Seine Frau, Lucille Wilson, wollte Sängerin werden. Sie wirkte auf Otis' zweitem Album für das Bluesway-Label, The Bottom of the Blues, mit; außerdem im März 1968 bei Cryin' Time (Vanguard). Nach Meinung vieler Fans und Freunde war
es Lucilles Ehrgeiz, der Otis Spann zur Intensivierung seiner Solo-Karriere antrieb. Anfang 1969 nahm Otis an der Session für Blues Jam at Chess teil, einem Tribut-Album Fleetwood Macs an Chess und den Chicago Blues. (lm Juni 1968 hatte er bereits für Blue Horizon eine Single eingespielt, bestehend aus “Can't Do Me No Good” und “Bloody Murder", begleitet von Walter Horton, Johnny Shines, Willie Dixon und Clifton James.) Zwischen Otis Spann und Fleetwood Mac klappte die Zusammenarbeit so gut, daß eine weitere Session in New York arrangiert wurde, deren Ergebnis The Biggest Thing Since Colossus war.
Vier Monate später, am 21. April 1969, sollte Otis mit seinem Mentor und "Bruder" Muddy Waters zum letzten Mal eine Studio-Session abhalten, der drei Tage später ein mLive-Mitschnitt folgte: Fathers and Sons. Mit diesem Album huldigten Paul Butterfield und Mike Bloomfield Waters dem
“King des Chicago Blues". Otis war zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr Mitglied der Waters-Band, kehrte aber anläßlich dieser Gelegenheit bereitwillig zurück, um sein
unvergleichliches Talent wieder zur Verfü-gung zu stellen.

DIE LETZTEN JAHRE

Muddy Waters hatte Otis Weggang von der Band mit Gelassenheit getragen. “Wenn jemand Talent hat, dann soll er es auch zur Schau stellen. Da muß man ihn gehen lassen, selbst wenn man ihn aus-gebildet hat. Und wir trugen einander nichts nach, waren ja wie Brüder Wir haben immer gelacht und gescherzt, und oben auf der Bühne, da hatten wir unsere Insider-Witze, mit denen wir uns ver-ständigten” Aber Otis blieb nur wenig Zeit, seinen neuen Status als Solo-Künstler zu genießen.
Im August 1969 spielte er noch einmal ein Album ein, The Everlasting Blues. Danach jedoch ging es mit seiner Gesundheit rapide bergab. Am 30. Dezember '69 und am 8. Januar 1970 schaffte er es gerade noch, als Session-Musiker für Junior Wells' Album Southside Blues Jam zugegen zu sein.
Im Frühling wurde er mit Leberkrebs ins Krankenhaus eingeliefert. Er starb am 24. April 1970. Seine Kollegen widmeten ihm,“dem größten Bluespianisten seiner Generation", das Album Southside Blues Jam. Schon Jahre zuvor hatte Muddy Waters über Otis gesagt: “Er kennt meine Musik besser als jeder andere. Wir täten gut daran, noch mal so ein Talent wie seins heran-zuzüchten.“ Doch das schaffte die Blueswelt nie.
My daily wish

Keine Kommentare: